Mobilität in Oberbillwerder
Wie würde der urbane Raum aussehen, wenn sich dessen Gestaltung nach menschlichen Maßstäben richten würde und nicht danach, wie viele Parkplätze noch auf die verfügbaren Flächen passen? In Oberbillwerder bietet sich die einzigartige Möglichkeit, eine Zukunftsvision der Mobilität in die Realität zu übersetzen.
In diesem Artikel
Im Osten der Hansestadt realisiert die IBA auf 124ha den 105. Stadtteil Hamburgs – Oberbillwerder. Künftig werden dort ca. 7.000 Wohnungen, 5.000 Arbeitsplätze, entsprechende Bildungs- und Begegnungseinrichtungen entstehen. Der Siegerentwurf des städtebaulichen Wettbewerbs stammt aus der Feder des Architekturbüros ADEPT in Kooperation mit dem Landschaftsarchitekturbüro Karres en Brands. The Connected City besteht aus fünf Quartieren, die sich in ihren Qualitäten und Atmosphäre unterscheiden. Das umfassende Konzept definiert insbesondere die Mobilität als freiräumliches Gestaltungselement. Das Ziel ist es, den Anteil des motorisierten Individualverkehrs auf 20 Prozent des Gesamtverkehrs zu beschränken und sowohl den ÖPNV als auch den Rad- und Fußverkehr zu stärken.
Die großräumliche Anbindung
Im Süden des Gebietes befindet sich bereits die S-Bahn-Station Allermöhe, die Oberbillwerder künftig in einer Viertelstunde mit dem Hamburger Hauptbahnhof verbindet. Zwei bereits bestehende Buslinien werden erweitert und verknüpfen den neuen Stadtteil mit den umliegenden Gebieten.
Die vorhandene Veloroute 9 führt parallel zur S-Bahn Trasse von Bergedorf – dem östlich angrenzenden Stadtteil – Richtung Innenstadt und integriert Oberbillwerder in Hamburgs Radschnellwegenetz. Der südlich des Bahndamms gelegene Stadtteil Neuallermöhe soll mittels mehrerer Überquerungspunkte mit dem neuentstehenden verbunden werden. Eine Querung im Osten sieht die Verbindung für Rad- und Fußverkehr vor und bildet einen der drei Anknüpfungspunkte für den Kfz-Verkehr. Die Querung der Gleise an der Stelle der S-Bahn Station, ist ausschließlich für den ÖPNV, sowie Rad- und Fußverkehr vorgesehen. Denkbar ist außerdem eine Fahrradbrücke über die Gleise im mittleren Bereich.
Innere Erschließung
Insbesondere innerhalb des Stadtteils wurde Wert auf eine präzise Ausgestaltung der Mobilität gelegt. Der übergeordnete Gedanke, den Freiraum als lebenswerte Komponente des Gesamtkonzeptes zu betrachten, prägte somit jegliche Mobilitätsentscheidungen.
Das Resultat ist der effiziente Umgang mit Verkehrsflächen in den Quartieren und eine intelligente Mehrfachnutzung des Raumes. Das städtebauliche Konzept sieht einen sogenannten Mobility Loop vor, der den Verkehr als übergeordnete Route in Oberbillwerder verteilt. Das Straßen- und Wegenetz gliedert sich in gestaffelte Mobilität, die nur sehr gezielt eine leicht erhöhte Frequentierung des Verkehrs zulässt.
Nur ein geringer Anteil der Zuwegung ist für eine Kfz-Nutzung ausgelegt. Die meisten Wohngebäude werden über Wohnwege erschlossen, die nur für Rad- und Fußverkehr vorgesehen sind.
Versetzt zu dem Mobility Loop verläuft der Grüne Loop durch den gesamten Stadtteil. Er ist nicht nur Verkehrsfläche für Rad- und Fußverkehr, sondern darüber hinaus von hoher Freiraumqualität. Der Raum wird sowohl zur Fortbewegung als auch für Erholung, Sport- sowie Freizeitaktivitäten genutzt. Darüber hinaus durchweben vielfältige kleinteilige Wege und Landschaftsrouten den Stadtteil und laden zum Flanieren und Entdecken ein.
Mobility Hubs
Der Richtwert im Hinblick auf die Pkw-Anzahl im Stadtteil ist 0,6 je Wohneinheit. Die daraus resultierende Anzahl der Stellplätze soll künftig sowohl den Bedarf der dort Wohnenden und Arbeitenden als auch der Besuchenden abdecken. Lediglich die Bildungseinrichtungen und das Schwimmbad stellen weitere Parkplätze auf dem eigenen Grundstück zur Verfügung. Das reguläre Parken wird ausschließlich in den 11 Mobility Hubs stattfinden, sodass der Großteil des Stadtteilgebiets frei von ruhendem Verkehr bleibt. Sie sind in geringen Abständen zueinander platziert und garantieren somit einen gleichen und gerechten Zugang zu nachhaltiger Mobilität. Lokalisiert an zentralen Orten und öffentlichen Einrichtungen – insbesondere entlang des Mobility Loops - verbinden sie den Rad- und Fußverkehr mit dem ÖPNV und dem motorisierten Individualverkehr.
Um multi- und intermodale Mobilität in den Alltag zu integrieren, dienen die Mobility Hubs als Wegbereiter, deren Bedeutung jedoch über die reine Parkfunktion in den Obergeschossen hinausgeht. Auf den Parkdecks befinden sich neben klassischen Stellplätzen außerdem Carsharing-Angebote und Lademöglichkeiten für E-Mobilität. Die Erdgeschosszonen der Hubs sind für öffentliche Nutzungen vorgesehen und bieten beispielsweise Raum für Mobilitäts- und Serviceangebote. Je nach Standort befinden sich dort kulturelle oder soziale Zentren, gemeinschaftliche (Winter-) Gärten oder handwerkliche Angebote.
Die Idee ist es, die Hubs nicht nur als Knotenpunkte der Mobilität zu denken, sondern als fest verankerte soziale Treffpunkte innerhalb der Quartiere. Darüber hinaus ist geplant, auch die Freiräume um die Mobility Hubs herum mit hoher Aufenthaltsqualität zu gestalten, um einen Übergang von den gemeinschaftlichen Nutzungen der Erdgeschosse zum öffentlichen Raum herzustellen.
Die Dachflächen werden zur Energieproduktion und Wasserretention genutzt und können optional Raum für Sportanlagen und Gemeinschaftsgärten bieten.