Wasserstoff und Brennstoffzellen im ÖPNV
Großstadtverkehr weckt zunächst Assoziationen mit Stau, Lärm und Abgasen. Die Ausweitung und Optimierung des innerstädtischen ÖPNV-Angebotes birgt an dieser Stelle großes Potenzial. Gut organisiert kann er den Individualverkehr und damit die Zahl der Fahrzeuge auf den Straßen deutlich reduzieren. Durch den Einsatz alternativer Antriebsformen, wie beispielsweise Wasserstoff, wird der ÖPNV zudem klima- und geräuschneutral.
Wasserstoff und Brennstoffzelle
In einer Brennstoffzelle reagieren Wasserstoff und Sauerstoff und erzeugen Energie in Form von Strom. Die Emissionen dabei: Wärme und Wasserdampf. Auch die Lärmemissionen sind um ein Vielfaches reduziert. Bei Wasserstoffbussen handelt es sich demnach auch um Elektrobusse. Sie arbeiten jedoch nicht mit Batterien, sondern mit Wasserstoff als Energiespeicher. Im Idealfall wird zusätzlich die Energie nutzbar gemacht, die durch den Bremsvorgang gewonnen wird. Ihre Reichweite ist mit 300 bis 350 Kilometern deutlich höher als die von batteriebetriebenen Fahrzeugen. Auch die Betankungszeit ist deutlich zügiger: Sieben Minuten dauert es etwa, bis der Bus die rund 40 Kilogramm Wasserstoff getankt hat, die für die die nächste Fahrt nötig sind. Aktuell ist das an rund 80 Wasserstoff-Tankstellen in Deutschland möglich.
Wasserstoff für Wuppertal
In Wuppertal hat man für diese notwendige Infrastruktur Synergien zwischen den Stadtwerken WSW und der Abfallwirtschaf AWG geschaffen. Bei der thermischen Behandlung des Restmülls im örtlichen Müllheizkraftwerk wird Strom erzeugt, der für die Produktion von Wasserstoff genutzt wird. Die Brennstoffzellenbusse der WSW können direkt vor Ort betankt werden. Weil das Kraftwerk ununterbrochen Strom liefert, kann auch der ÖPNV sicher versorgt werden. Zehn Busse fahren seit 2020 mit Wasserstoff durch die Stadt, zehn weitere sind für dieses Jahr bestellt, um die insgesamt 300 Fahrzeuge umfassende Flotte der WSW zu erweitern. Während batteriebetriebene Fahrzeuge bei den steilen Straßen der Wuppertaler Hügel und Berge Probleme haben, kommen die Wasserstoffbusse mit der Topografie gut zurecht und schaffen auch hier Reichweiten von an die 300 Kilometer.
Nicht weit entfernt kann in der Region Köln die dort ansässige Industrie helfen, den notwendigen Wasserstoff zu erzeugen. Die Mengen, die hier anfallen, wären genug, um 1.000 Brennstoffzellenbusse zu betreiben.
Die Verfügbarkeit des Energieträgers könnte einer der Gründe sein für die Vorreiterposition der beiden Städte: Die Bestellung des Verkehrsverbunds Rhein-Ruhr von 15 Wasserstoffbussen für Köln und zehn weiteren für Wuppertal war die größte ihrer Art 2020 landesweit. Und sie ist eine Ergänzung zu den 40 Fahrzeugen, die seit Ende 2019 hier bereits in der Auslieferung sind.
Förderung ist grundlegend
Um auch andere Städte und Regionen auf diesen Weg zu bringen, hat das Verkehrsministerium BMVI im Januar 2021 beschlossen, den Vorgaben der EU zu folgen und bei der öffentlichen Auftragsvergabe verbindliche Mindestziele für emissionsarme Busse im ÖPNV einzuführen. Bis 2030 muss die Hälfte aller neubeschafften Busse sogar emissionsfrei sein. Zur Unterstützung der Kommunen und Verkehrsbetriebe beim Erreichen dieser Ziele hat das BMVI ein Förderprogramm aufgelegt, das allerdings noch durch die EU-Kommission notifiziert werden muss.
Ein Blick auf die Kosten macht deutlich, wie nötig die finanzielle Unterstützung ist. Denn neben der neuen Infrastruktur, die Stadtwerke und Verkehrsbetriebe einrichten müssen, liegen die Brennstoffzellenbusse in der Anschaffung deutlich über herkömmlichen Modellen. Wo ein Dieselbus 250.000 Euro und ein batteriebetriebenes Exemplar 550.000 Euro kostet, liegt der Preis für einen Brennstoffzellenbus bei 625.000 Euro. Das BMVI will deswegen nicht nur die Fahrzeuge selbst mit 80 Prozent der Mehrkosten, sondern zudem die dazugehörigen Infrastrukturen mit 40 Prozent und auch Machbarkeitsstudien fördern.
Noch fahren Wasserstoffbusse in vielen Städten nur testweise und in kleinen Flotten. Zwischen 2012 und 2020 wurden nur rund 150 angeschafft – in ganz Europa. Bis 2025 sollen es aber schon 1.200 sein. Hier unterstützen die Programme JIVE („Joint Initiative for Hydrogen Vehicles across Europe“) und JIVE 2 der EU, in deren Rahmen über 200 Wasserstoffbusse bestellt wurden; die ersten 50 fahren bereits.
Mobil und wettbewerbsfähig
Wettbewerbsfähig wird die Brennstoffzellentechnik trotz der vergleichbaren Reichweite allerdings erst, wenn ihre Zahl ein gewisses Volumen erreicht und die Investition in die Infrastruktur sich dadurch rechnet. Auch wird die Technik immer noch weiterentwickelt. Was die Reichweite anbelangt, liegen die Stellschrauben allerdings nicht allein bei den Herstellern. Auch Kommunen haben hier Werkzeuge in der Hand. Busspuren und ein Vorrang für Linienbusse im Stadtverkehr sorgen für eine höhere Laufleistung, weil die Fahrzeuge ihre Energie nicht im Stau stehend verschwenden müssen.