Köln: 11.–12.06.2025 #polismobility

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Mobilitätswende in der Sackgasse?

Zwischen Infrastrukturkrise und politischem Einfluss

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Im Jahr 2024 befindet sich die Verkehrswende in Deutschland an einem Wendepunkt. Angesichts der Klimakrise und der politischen Vorgaben zur Reduktion von CO2-Emissionen sollen tiefgreifende Veränderungen im Verkehrssektor nachhaltigere Mobilität ermöglichen. Doch politische Entscheidungen, wirtschaftliche Einflüsse und die marode Infrastruktur erschweren die Umsetzung.

Der langsame Ausbau der Elektromobilität, Infrastrukturprobleme und wachsende Konkurrenz aus dem Ausland sorgen für Unsicherheit, besonders in der Automobilindustrie. Gleichzeitig entwickeln sich neue Mobilitätsformen, während die Politik mit Reformen wie der Novelle der Straßenverkehrsordnung (StVO) versucht, den Weg zu ebnen. Dieser Artikel beleuchtet die wichtigsten Entwicklungen und Herausforderungen der Verkehrswende 2024.

Vogelperspektive einer Autobahn

© pixabay

Klimatransformationsfonds und das Deutschlandticket

Eine der zentralen Maßnahmen für klimafreundliche Mobilität ist das Deutschlandticket, das seit Mai 2023 für 49 Euro pro Monat erhältlich ist und die Nutzung des bundesweiten Nah- und Regionalverkehrs ermöglicht. Laut der MobilKULT-Studie des Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung von 2024 hat es bereits eine spürbare Verlagerung vom Auto hin zu öffentlichen Verkehrsmitteln bewirkt.

Dennoch steht das Deutschlandticket vor finanziellen Herausforderungen. Ab Januar 2025 soll der Preis auf 58 Euro steigen, um die langfristige Finanzierung zu sichern. Die Verkehrsunternehmen verzeichnen durch das günstige Ticket Einnahmeverluste, die Bund und Länder ausgleichen müssen. Ursprünglich war geplant, einen wesentlichen Teil der Finanzierung über den Klimatransformationsfonds (KTF) zu decken. Doch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts 2023 brachte viele der geplanten Projekte ins Stocken.

Besonders die Kürzungen im KTF treffen den Bahnsektor hart. Rund 3,2 Milliarden Euro für die Digitalisierung von Zügen und 9,5 Milliarden Euro für den Neu- und Ausbau von Schieneninfrastruktur wurden gestrichen. Dies bremst dringend notwendige Modernisierungen aus, darunter die Elektrifizierung von Strecken, der Ausbau von Bahnhöfen und die Digitalisierung des Netzes – alles Schlüsselbereiche für die Verkehrswende.

Reformen im Straßenverkehr: Die StVO-Novelle 2024


Die im Juni 2024 in Kraft getretene StVO-Novelle zielt auf eine nachhaltigere und sicherere Mobilität ab. Kommunen erhielten mehr Spielraum, Tempo-30-Zonen einzurichten, Busspuren zu schaffen und den Rad- sowie Fußverkehr zu fördern. Diese Maßnahmen sollen Emissionen senken und die Verkehrssicherheit, insbesondere in Städten, verbessern. Trotz dieser Fortschritte bleibt die Priorität oft auf dem Autoverkehr. Tempo 30 bleibt weiterhin die Ausnahme, was die Umsetzung sicherheitsfördernder Maßnahmen einschränkt.

E-Auto-Förderung, China-Zölle und EU-Flottengrenzwerte

Elektromobilität bleibt ein zentrales Thema. 2024 passte die Bundesregierung die Förderung für E-Autos an, um den stagnierenden Absatz zu beleben. Gleichzeitig fordern deutsche Hersteller eine Überprüfung der strengen EU-Flottengrenzwerte, da sie Schwierigkeiten haben, mit günstigen, technisch ausgereiften Elektroautos aus China zu konkurrieren.

Um europäische Hersteller zu schützen, führte die EU-Kommission Anfang Oktober Schutzzölle auf chinesische Elektrofahrzeuge ein. Diese Maßnahme zielt darauf ab, die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Automobilindustrie zu sichern. Dennoch bleiben die Herausforderungen groß, da der Absatz von Elektrofahrzeugen hinter den Erwartungen zurückbleibt und die Umsetzung der EU-Emissionsziele erschwert wird.

Marode Infrastruktur: Bahn, Straßen und Brücken

Eingestürzte Brücke in Deutschland

Am 14. September 2024 brachen Arbeiter die nördliche Auffahrt der eingestürzten Carolabrücke in Dresden ab, währendder Pegel der Elbe stieg und ein Hochwasser drohte. © Reinerhaufe

Die Kürzungen im Klimatransformationsfonds haben den Ausbau der Schieneninfrastruktur massiv beeinträchtigt. Besonders das veraltete Schienennetz, Zugverspätungen und fehlende Kapazitäten im Güter- und Personenverkehr stehen im Fokus der Kritik. Auch die Straßeninfrastruktur ist in schlechtem Zustand: Marode Brücken und Straßen stellen ein Sicherheitsrisiko dar und behindern den Verkehr. Trotz Sanierungsprogrammen behindern Personalmangel und bürokratische Hürden den Fortschritt.

Kritik an hohen Investitionen in den Fernstraßenbau

Ein besonders umstrittener Punkt im Jahr 2024 war die massive Zuteilung von Mitteln für den Ausbau und die Sanierung von Fernstraßen. Während bedeutende Summen in die Modernisierung des Schienennetzes flossen, wurde ein noch größerer Teil der Investitionen in den Straßenbau gelenkt. Diese Entscheidung steht im Widerspruch zu den Zielen der Verkehrswende, die den motorisierten Individualverkehr reduzieren und klimafreundlichere Mobilitätsformen wie den Schienenverkehr fördern soll.

Die Greenpeace-Recherche „Asphalt statt Alternativen“ brachte die starke Verflechtung von Politik und Straßenbaulobby ans Licht. Laut der Untersuchung sind zwei Drittel der im Bundestag registrierten Lobbyist:innen im Bereich Verkehrsplanung Vertreter:innen von Unternehmen und Wirtschaftsverbänden, die am Straßenbau beteiligt sind. Im Vergleich dazu repräsentiert nur ein kleiner Teil die Interessen von Umwelt- und Klimaschutzorganisationen. Die Straßenbaulobby übt damit erheblichen Einfluss auf die Priorisierung von Infrastrukturprojekten aus, was kritische Stimmen aus Politik und Gesellschaft zunehmend auf den Plan ruft.

Ein besonders kontroverses Beispiel ist die geplante Küstenautobahn A20, ein milliardenschweres Projekt, das trotz der dringenden Notwendigkeit zur Sanierung bestehender Infrastruktur weiter vorangetrieben wird. Kritiker:innen bemängeln, dass solche Projekte Mittel binden, die besser in den Ausbau nachhaltiger Alternativen wie des Schienenverkehrs investiert werden sollten.

EBikes eines Sharinganbieters auf einer gesonderten Parkfläche

Mittlerweile gibt es in vielen Städten feste Abstellflächen für E-Roller. © TIER

Der Bundesverkehrswegeplan (BVWP) sieht bis 2030 den Neubau von etwa 6.000 Kilometern Autobahnen und Bundesstraßen sowie die Erweiterung von rund 4.000 Kilometern bestehender Fernstraßen vor. Die Gesamtkosten dieser Projekte belaufen sich auf etwa 180 Milliarden Euro. Solche Summen stehen in starkem Kontrast zu den vergleichsweise geringeren Investitionen in klimafreundliche Verkehrsinfrastruktur.

Die Greenpeace-Recherche zeigt außerdem, dass große Baukonzerne wie Hochtief, Strabag und Max Bögl von den umfangreichen Straßenbauaufträgen profitieren. Diese Unternehmen erhielten in den letzten Jahren Milliardenaufträge für den Ausbau und die Instandhaltung des Fernstraßennetzes.

Kritiker:innen betonen, dass diese Priorisierung des Straßenbaus langfristig die Ziele der Verkehrswende untergräbt. Während das deutsche Fernstraßennetz bereits eines der dichtesten in Europa ist, bleiben notwendige Investitionen in den öffentlichen Nahverkehr, die Elektromobilität und die Bahninfrastruktur auf der Strecke.

Dies könnte die Abhängigkeit vom Auto in vielen Regionen verfestigen und die Reduzierung der CO2-Emissionen im Verkehrssektor erschweren.

Viele Expert:innen fordern daher eine Neuausrichtung der Investitionsstrategie, um den Ausbau klimafreundlicher Mobilitätslösungen stärker zu fördern.

Konsolidierung im Shared-Mobility-Markt

2024 konsolidierte sich der Markt für Shared Mobility weiter. Große Anbieter fusionierten (z.B. TIER/dott) oder zogen sich aus unprofitablen Städten zurück( TIER, Lime). Sinkende Nachfrage, insbesondere in ländlichen Regionen, führte zu dieser Entwicklung. Gleichzeitig regulieren Städte verstärkt die Nutzung von E-Scootern und Leihfahrrädern und setzen auf Mobilitätshubs, um verschiedene Verkehrsmittel zu vernetzen.

Fachkräftemangel bremst die Verkehrswende aus


Der Fachkräftemangel zieht sich durch alle Bereiche der Verkehrswende. In der Elektromobilität, im öffentlichen Verkehr und im Bauwesen fehlen qualifizierte Arbeitskräfte, was Projekte verzögert und Innovationen behindert. Zwar wurden Maßnahmen zur Anwerbung von Fachkräften und zur Förderung der Ausbildung ergriffen, doch die Ergebnisse sind bisher begrenzt. Laut Angaben des Nürnberger Verkehrsverbundes fehlen bundesweit 20.000 Busfahrer:innen.

Die Verkehrswende im Spannungfeld von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft

Die Verkehrswende in Deutschland ist 2024 von großen Ambitionen geprägt, aber auch von erheblichen Hindernissen. Während Maßnahmen wie das Deutschlandticket oder die StVO-Novelle Fortschritte zeigen, stellen finanzielle Engpässe, infrastrukturelle Probleme und der Einfluss der Lobbyarbeit weiterhin große Herausforderungen dar. Die nächsten Jahre werden zeigen, ob Deutschland seine Klimaziele im Verkehrssektor erreichen und die Bevölkerung für diese Veränderungen gewinnen kann.

Autorin

Janina Zogass

Frau läuft über eine Kreuzung

Themen der Messe

Wir stellen die Verkehrswende ins Zentrum. Entdecken Sie, welche Themen dabei im Fokus sind.

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